Nachhaltigkeit
Als der Sachse Hans Carl von Carlowitz im Jahr 1713 das Wort „Nachhaltigkeit“ erfand, ahnte er noch nicht, dass es genau 300 Jahre später so oft genutzt werden würde, dass es eigentlich gar nichts mehr bedeutet.
Alle reden davon – doch wer handelt wirklich nach diesem Prinzip? Was bringt es mir als Unternehmer, mich damit zu befassen? Kann man damit Geld verdienen? Und falls ja, wie soll das ganz konkret gehen – nachhaltiges Handeln, bspw. in Produktionsunternehmen?
Fragen über Fragen, auf die ich im Folgenden versuchen will, einige Antworten und weitere Denkanstöße zu geben.
Was bedeutet überhaupt dieses…
Im lexikalischen Sinne bedeutet Nachhaltigkeit heute, dass ein System derart genutzt wird, dass seine wesentlichen Eigenschaften erhalten bleiben. Es meint auch, dass das System keine negativen Auswirkungen auf umliegende Systeme ausübt. Ziel ist es, neben den ökologischen Auswirkungen des Handelns auch zu untersuchen, welche sozialen Dimensionen durch ein Handeln betroffen sind – und das Ganze, ohne die ökonomischen Rahmenbedingungen zu ignorieren. Klingt nach der Quadratur des Kreises.
Wie das konkret funktionieren kann, zeige ich später. Beginnen will ich mit der Frage, ob es sich überhaupt lohnt, sich mit dem Thema zu befassen. Und bewerten will ich das ganze… mit Geld – denn dessen Generierung ist immer noch der Wesenskern eines Unternehmens.
Stellen Sie sich vor, Sie fahren mit 300 Stundenkilometern auf einen engen Autobahntunnel in den Alpen zu. Freie Fahrt voraus! Doch plötzlich werden es immer mehr Autos neben Ihnen, die teilweise langsamer fahren, kreuz und quer die Spuren wechseln. Sie fahren mit voller Geschwindigkeit auf die Tunneleinfahrt zu und ahnen: Ob ich hinten heile wieder rauskomme, weiß ich nicht.
Kein schöner Gedanke, oder? Wie aber ist es dann zu erklären, dass wir Menschen uns genauso verhalten, jeden Tag?
Warum sollte ich denn…
Die Veränderungen auf der Welt sind bekannt und werden sich auch nicht mehr verändern lassen: Global gesehen gibt es immer mehr Menschen. Gleichzeitig nimmt die Lebensgrundlage – die fossilen Energieträger – immer weiter ab. Der Verteilungskampf um die Energiereserven der Welt hat begonnen.
Gleichzeitig sind wir in Deutschland in der grotesken Situation, dass wir immer weniger werden, dafür aber deutlich älter: Folgen des demographischen Wandels. In Zukunft wird es weniger Arbeitskräfte geben, es gibt weniger Kunden, die Märkte im Inland schrumpfen.
Das Problemfeld ist skizziert und ob wir die Augen davor verschließen oder nicht – es wird so kommen. Fraglich ist bloß, wie erfolgreich wir als Unternehmer darauf reagieren. Und hier liegt meiner Meinung nach der Schlüssel zum Konzept Nachhaltigkeit: Es ist Zukunftssicherung!
Wer das Unternehmen auf Nachhaltigkeit trimmt, der nimmt die Probleme an und positioniert sich aktiv: Der schont Ressourcen in der Produktion, weil das Kosten senkt. Der setzt auf langfristige Kunden- und Lieferantenbeziehungen, weil das bessere Umsätze bringt. Der macht keinen schnellen Deal auf Kosten Anderer, weil das im Markt auf Ablehnung stößt. Der umsorgt seine Mitarbeiter, weil er sie als knappes Gut erkennt.
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Was bringt bitte schön dieses…
Aber – und hier kommen wir zu einem zweiten Wesenskern der Nachhaltigkeit – dieser Unternehmer tut dies nicht zum Selbstzweck! Nachhaltigkeit ist ein Business Case, kein überholtes Denkmodell von Alt-68ern. Ziel ist es, nicht kurzfristig zu agieren, sondern mittel- oder langfristig, um dann noch mehr Geld zu verdienen! Simpel gesprochen: Es geht um ein „iPhone ohne Obsoleszenz, ohne Blut in der Herstellung und zu faireren Preisen, die mehr Geld beim Kunden lassen und nicht bei Apple – das wäre ein faires massenmarktfähiges Produkt, für das sich noch (!) mehr Käufer finden ließen“.
Es gibt schon viele, sehr beeindruckende Beispiele von Firmen, die verstanden haben, worum es geht:
Easycredit verkauft Kredite. Aber nicht um jeden Preis. Dort gibt es so hohe Anforderungen an die Bonitätsprüfung, dass Kunden regelmäßig keine Kredite bekommen – obwohl ihnen in Vergleichen andere Banken freimütig Geld verliehen. Die Firma konterkariert damit augenscheinlich ihr eigenes Geschäft. Doch: Damit verzichten sie auf kurzfristige Deals, um Kunden vor sich selbst schützen. Der Erfolg: mehr als 10% Wachstum pro Jahr, während der Rest der Branche sich mit ca. 2% begnügen muss. Kunden merken, wenn sie fair behandelt werden – und lieben dies.
Frosta, Lieferant von Tiefkühlkost, hat alle Zusätze wie Farb- und Geschmacksstoffe aus den Produkten verbannt. Damit stiegen die Produktionskosten um 30-60 Cent pro Beutel. Gleichzeitig wurden die Kosten gesenkt, indem alte Styropor-Verpackungen ersetzt und Logistikstrategien optimiert wurden. Alles wurde völlig transparent online dargestellt – mit Erfolgen und (!) Misserfolgen. Ergebnis: Eine um ein Vielfaches bessere Energiebilanz und Kostenstruktur, aufgeklärte, treue Kunden und die zurück eroberte Marktführerschaft.
Krombacher, einst mit „Saufen für die Gorillas“ im Magazin Spiegel verlacht, setzt konsequent auf die Einhaltung des gegebenen Versprechens: Die Ökobilanz der Produkte wird aufgemotzt, Energiesparmaßnahmen werden umgesetzt, die Recycling- und Mehrwertquote erhöht. Über alles wird zudem regelmäßig öffentlich berichtet. Das Ende vom Lied: Krom-bacher gilt inzwischen branchenübergreifend als Branchenprimus und Vorzeige-Unter-nehmen.
Sie sehen: Es geht. Ziel von Nachhaltigkeit ist es also, Gutes für Gesellschaft und Geschäft zu tun. Und hier gilt das „und“, nicht das „oder“! Damit wird Nachhaltigkeit zu einem strategischen Tool, das auf erhöhte Wirtschaftlichkeit des eigenen Unternehmens abzielt.
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Wie kann ich denn nun…
Doch wie geht es nun konkret? Was ist zu tun, wenn das Unternehmen eine oder mehrere Fabriken hat und produziert? Ansatzpunkte gibt es etliche. Ich will versuchen, die aus meiner Sicht wichtigsten zusammenzufassen.
Ein guter Beginn ist das Thema Ressourceneffizienz. Optimieren Sie den Energieeinsatz, vermeiden Sie Verschwendung beim Materialeinsatz. Werden Sie Ressourcen-Schoner! Tipps dazu gibt’s hier: [4].
Daneben gilt es, die Prozesse der Produktion zu glätten. So, dass sie möglichst verschwendungsfrei sind. Und so, dass die Mitarbeiter eingebunden werden. Und so, dass die körperliche Belastung gering ist. Lean eben. Überdenken Sie auch das gesamte Arbeitsumfeld. Damit gewinnen Attraktivität und identitätsstiftende Bindungskraft einer Fabrik ganz neu an Bedeutung.
Daneben gibt es viele weitere Ansatzpunkte: Überdenken Sie Ihr Verhalten im Einkauf, knüpfen Sie langfristige Bindungen mit Lieferanten, aber auch in der gesamten Supply Chain oder zu Kunden. Schließen Sie keine kurzfristigen Deals, sondern achten auf Langlebigkeit der Beziehung. Stellen Sie Ihre Transportlogistik auf den Prüfstand. Positionieren Sie sich als guter Arbeitgeber und stärken Sie die Mitarbeiterbindung. Nicht zuletzt: Überdenken Sie auch die gesamte Zielformulierung im Unternehmen. Welche Anreize gibt es? Welche Ziele werden vorgegeben? Und wie wird die Zieleinhaltung überwacht?
Und was gibt es sonst noch so…
Sie sehen, Nachhaltigkeit ist ein Metaprinzip, das auf alle Lebensbereiche abstrahlt.
Gehen Sie also den Weg an, Ihr Unternehmen auf Nachhaltigkeit umzukrempeln, wird der Weg lang sein. Es wird kein Bereich und keine Funktion ausgeblendet werden können. Aber: Es wird sich lohnen und in Geld auszahlen, denn Nachhaltigkeit ist ein Business Case.
Hätte Herr von Carlowitz vor 300 Jahre gewusst, vor welchen Herausforderungen wir heute stehen – er hätte stolz sein können auf sich, dass er schon damals ein Lösungskonzept angeboten hat. Für uns heute bleibt eine Menge zu tun, doch ich bin überzeugt: Gehen wir es an, gelingt uns auch das scheinbar Unmögliche und der Kreis wird quadratisch. Viel Spaß beim Nachdenken und Mitdiskutieren. Ich freue mich auf Ihre Meinung.