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Zieldefinition einer Fabrik

Warum nur Fabriken mit klarer Zielausrichtung erfolgreich sein können.

Lesedauer: 4 min.

Im Grunde klingt es ja wie eine Selbstverständlichkeit: Nur Fabriken, die eine klare Zielausrichtung haben, können langfristig erfolgreich sein. Und doch erleben wir in der Praxis sehr oft, dass gerade diese grundsätzliche Frage in Grüne-Wiese- oder Reorganisationsplanungsprojekten unzureichend beantwortet bleibt.

Was ist also der Nutzen einer klaren Zielpositionierung für eine Fabrik? Wenn eine Fabrik ein klares Ziel hat, dann dient dies als „Nordstern“, als Leitbild, an dem sich alle Mitarbeiter ausrichten können. Es wird für alle klar, worum es in der Produktion gehen soll und so wird klar, welches Verhalten sinnvoll ist und welches auch nicht.

Um es andersherum zu formulieren: Wer in die falsche Richtung läuft, dem hilft auch galoppieren nicht. Wenn Sie sich nicht im Dickicht des alltäglichen Firefightings verstricken wollen, ist eine Zielausrichtung Ihrer Fabrik unerlässlich.

Vorgehen bei der Zieldefinition Ihrer Fabrik

Wichtig ist zunächst, alle relevanten Beteiligten zusammenzubringen und in einer offenen Diskussion zu fragen, was Sie mit Ihrer Fabrik erreichen wollen und möglicherweise verbessern wollen. Ganz offen: Deutschland ist ein Hochlohnland – wenn Sie schon hier Ihre Produktion betreiben, warum tun Sie das? Was wollen Sie damit erreichen? Welche Faktoren sind es, die Sie erfolgreich machen? Diese Fragen können ein erstes Indiz bilden.

In der Folge fragen wir oft mögliche Ziele einer Fabrik ab. Dazu haben wir weiter unten in diesem Beitrag einige Beispiele zusammengefasst. Es hilft, die Ziele in der Planungsgruppe zu besprechen und dann bspw. über ein Punktekleben zu priorisieren. Wer Bestandteil einer Planungsgruppe sein sollte, haben wir in folgenden Artikel zusammengefasst.

Aus den drei am höchsten priorisierten Fabrikzielen leiten wir dann in der Regel sog. Gestaltungsmerkmale ab, also konkrete Prinzipien, deren Einhaltung Sie in der Fabrik beobachten können. Auch dazu finden Sie unten Beispiele. Dieses Vorgehen hat sich sehr bewährt, denn diese Gestaltungsmerkmale eröffnen Ihnen die Freiheit, am Ende zu bewerten, ob Sie Ihre Ziele erreicht haben. Die Daumenregel, die sich für uns dabei immer bewahrheitet hat, ist, dass Sie mit einer Neuplanung oder Braune-Wiese-Planung immer mindestens 80% Zielerreichung gemessen an den Fabrikzielen erzielen sollten – sonst ist die Planung nichts geworden.

Als letzten Schritt fassen wir die Ziele in einem übergeordneten Satz zusammen: Wofür soll die Fabrik stehen? Was können Sie in einem Satz sagen, was die Fabrik im Kern auszeichnen soll?

Eine Idee gefällig? Wie wäre es mit „Die Fabrik als Kosten-Weltmeister“? Automatisierte Lager- und Transportprozesse, kostengünstige Bauweise, maximale Anwendung von Lean-Prinzipien, schlanke Organisationsformen. Oder die „Fabrik als Innovationsmagnet“: hochverknüpfte Abteilungen mit Innovations-Areas im Shopfloor, konsequente Dezentralisierung, architektonisch anspruchsvolles Arbeitsumfeld. Oder „Die Fabrik als Logistik-Weltmeister“: Minimale Durchlaufzeiten, maximale Termintreue, kurze und transparente Materialflüsse, gern automatisiert.

Überblick über Fabrikziele

Folgende Übersicht zeigt die aus unserer Sicht wichtigsten Fabrikziele auf. Sie bekommen eine Auflistung möglicher Gestaltungsprinzipien, die wir in unserem Geschäft für die Beschreibung der Fabrikziele nutzen.

Allen voran steht das Ziel der Wirtschaftlichkeit der Fabrik im Lebenszyklus. Doch um dieses abstrakte Ziel zu konkretisieren, nutzen wir oft folgende Ideen für Fabrikziele:

Logistikleistung: Wenn Sie im Frühjahr zum Reifenwechsel fahren, können Sie sich freuen, wenn Sie innerhalb einer Stunde den Werkstatthof wieder verlassen können. Interessanterweise gelingt dasselbe Manöver in der Formel 1 in zehn Sekunden. Das zeigt, was mit Logistikleistung in der Fabrik gemeint ist: kurze Wege, optimierte Materialflüsse, transparente und gut parametrierte Bestände, ein effizienter Produktionsfluss.

Produkt- und Prozess-Qualität: Produkte, die in Deutschland hergestellt wurden, gelten auf der ganzen Welt als hochqualitativ. Um dieses Gütesiegel auch für Ihre Fabrik nutzen zu können, müssen Sie dieses Fabrikziel konkret herunterbrechen: Merkmale zur Beschreibung der Qualität in der Fabrik sind ein stabiles Produktionsumfeld, hohe Prozessstabilität, Know-how vor Ort, eine hohe Anlagenverfügbarkeit oder OEE oder auch operativ-technische Themen wie ausreichende Beleuchtung, Verfügbarkeit notwendiger Medien wie Druckluft usw. am Arbeitsplatz.

Kommunikation: Innovation entsteht in der Fabrik durch Austausch von Menschen. Ideen werden entwickelt, aufgegriffen und veredelt. Weil Innovation heute so wichtig ist, müssen Menschen in der Produktion vernetzt werden. Daher schlagen wir für das Ziel der Kommunikation in Fabriken folgende Gestaltungsprinzipien vor: Anlaufpunkt in der Fertigung, Führung am Ort der Wertschöpfung oder Shopfloor-Management, mehr Wertschätzung für Wertschöpfung durch die Vorgesetzten.

Veränderungsfähigkeit: Dieses Ziel ist so wichtig wie wohl noch nie, weil sich die Welt so stark verändert wie noch nie. Sie bauen oder reorganisieren heute Ihre Fabrik, doch sie soll auch in 30 Jahren noch effizient betrieben werden. Gleichwohl wissen Sie nicht, was dann ist. Daher ist eine Veränderungsfähigkeit im Sinne einer Resilienz vor äußeren Einflüssen, im Sinne einer Giga-Flexibilität so wichtig. Merkmale dafür in einer Fabrik sind: ein großes Stützenraster, eine Skalierbarkeit in Organisation und Technik, ein einheitliches Medienraster zur Versorgung der Produktion, eine Neutralität bspw. in Bezug auf den Boden: Wenn Sie alle Maschinen an jedem Platz aufstellen können (Stichwort: Bodentraglast), können Sie die Fabrik einfacher umstrukturieren.

Fabrikziele

Standards: Standardisierung erleichtert den Ablauf, weil intuitiv für jeden Beteiligten klar ist, was zu tun ist und wie das geht. Einige Beispiele für Standards in Ihrer Fabrik: 5S am Arbeitsplatz, Standardarbeitsplätze, durchgängiges visuelles Management über bspw. Bodenmarkierungen oder erläuternde Bilder im Prozessablauf.

Nachhaltigkeit: Der schonende Umgang mit natürlichen Ressourcen ist ein immer wichtiger werdender Punkt in Fabriken, insb. weil die Industrie einen erheblichen Einfluss auf die Nutzung dieser Ressourcen besitzt. Ideen für Gestaltungsmerkmale in Ihrer Fabrik sind: ein hohes Maß an Energie- und Materialeffizienz, die durchgängige Installation von Systemen zur Wärmerückgewinnung bspw. am Druckluftkompressor, an Lüftungen und RLT-Anlagen, Nutzung von Materialrecycling, die Etablierung von Kreislaufprozessen („Circularity“).

Identität: Die Fabrik als Arbeitsplatz muss heute vermehrt ein identitätsstiftendes Element sein. Der Kampf um die besten Talente macht es notwendig, dass die Fabrik für die Mitarbeiter etwas positives anzubieten hat. Daher eignet sich die Frage nach der identitätsstiftenden Wirkung der Fabrik als Ziel. Dazu passende Merkmale sind: hohe Attraktivität des Fabrikgebäudes, anregendes Arbeitsumfeld mit qualifizierten Pausen- und Entspannungsbereichen, gute Arbeitsbedingungen bspw. in Hinblick auf Lautstärke, ein hohes Maß an Mitarbeiterorientierung bspw. über die Integration der Mitarbeiter in dezentrale Entscheidungsprozesse.

Informations- und Kommunikationssysteme: Die IT ist heute aus Fabriken nicht mehr wegzudenken. Informationen müssen durchgängig verfügbar sein, insb. in global verteilten Produktionssystemen. Stichworte zur Beschreibung der IKT als Fabrikziel sind: Nutzung von Smart Systems, hoher Automatisierungsgrad, Nutzung von Industrie 4.0-Technologien, Einbindung und Auswertung von Echtzeitdaten in Live-Kennzahlenboards.

Neben diesen hier genannten Zielen gibt es evtl. weitere, die für Ihre Situation vor Ort wichtig und richtig sein können. Oft hören wir auch die Frage, wie mit der Zielpriorisierung von mehreren Fabriken im Verbund umzugehen ist. Dazu eine Idee: Wenn es mehrere Fabriken im Produktionsnetzwerk gibt, kann es helfen, jeder einzelnen Fabrik eine klare Positionierung zu geben, die sich eindeutig von denen der anderen Fabriken abgrenzt. So steht jede Fabrik als eigener Nordstern. Mehr zu dieser Idee in diesem Interview.

Wir wünschen Ihnen nun gutes Gelingen bei der Definition Ihrer Fabrikziele. Sie machen sich damit auf den Weg zu einem gelungenen Fabrikplanungsprojekt.

GREAN GmbH



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