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Wie wir die Welt der Produktion neu denken.

New Production

Lesezeit: ca. 5 Minuten

New Work als Schlagwort ist inzwischen Mainstream geworden. Wenn sich das Unternehmen hinter XING in „New Work SE“ umbenennt, kann von einer Underdog-Idee nicht mehr die Rede sein. Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Idee finde ich richtig gut! Prinzipien wie Selbstorganisation, Sinn stiftende Arbeit, ein gewisser Grad an Freiheit, die Chance zur individuellen Reifung und Entwicklung unterstütze ich.

Was mir aber gleichzeitig auffällt: Kein Mensch spricht von New PRODUCTION. Dabei ist die produzierende Industrie das Herzstück der deutschen Volkswirtschaft. Fabriken sind der Ort, wo das echte Leben der Unternehmen pulsiert. Wo die meisten Leute arbeiten, wo das Geld verdient wird und wo es auch mal rau und dreckig zugeht. Und damit sind sie die Orte, die nicht nach „New Work“ aussehen.

Lassen Sie uns daher Fabriken neu entdecken! Als Ort, wo arbeiten sich ein bisschen wie „nicht bei der Arbeit“ anfühlt. Als Ort, wo echte Wertschöpfung entsteht. Als Ort, wo Arbeit Sinn ergibt und Spaß macht. Dann wird aus einem reinen Wertschöpfungszentrum ein wahres Wertschätzungszentrum.

Doch wie soll das konkret gehen? Dazu einige Gedanken.

Die Welt verändert sich in Maximal­geschwindigkeit. Management nicht.

Unsere Arbeitswelt ist im Umbruch. Im Spannungsfeld von Corona-Krise, Globalisierung, Digitalisierung und Automatisierung, demographischem Wandel und der Klimakrise brauchen Unternehmen Lösungen für ihre immer größer werdenden Herausforderungen.

Vor diesem Hintergrund ist die Debatte um New Work entstanden. Es finden sich vielerlei Methoden, Maßnahmen und Meinungen dazu. Ursprünglich als Sozialutopie vom österreichisch-amerikanischen Prof. Frithjof Bergmann erdacht, hat sich New Work zunehmend als Leitgedanke für die Wirtschaft etabliert. In Deutschland steht u. a. der Psychologie Markus Väth für die Fortsetzung der Diskussion.

Und dennoch wird „New Work“ in der Diskussion oft auf wissensintensive Arbeit in der Verwaltung bezogen. Damit ergibt sich eine unfaire und offen gesagt auch unnötige Einschränkung. Denn gerade in Produktionsbereichen entsteht die Wertschöpfung, dort schlägt das Herz der Produktionsunternehmen.

Daher ist es Zeit, eine „New Production“ zu formen, die die Welt der Produktion neu denkt und auf ein höheres Niveau trägt.

Was wir meinen, wenn wir „New Production“ sagen.

Das Konzept von New Production hat zum Ziel, eine neue Wertschöpfungswelt in der Produktion zu schaffen. Fabriken, die anforderungsgerecht den individuellen Ansprüchen gerecht werden und dabei den Mitarbeitern Spaß an der Arbeit und Raum für Selbstentwicklung bietet. Im Mittelpunkt steht immer Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Produktion – das ist klar. Aber der Weg dahin unterscheidet sich vom bisherigen Vorgehen.

Es geht um die Frage, wie die zentralen Gestaltungsfelder einer Fabrik verstanden, ausgelegt und gelebt werden: welche Führungsmodelle werden gelebt? Welche Organisationsstrukturen sind sinnvoll, um Kollaboration zu fördern? Wie müssen Prozesse und Abläufe gestaltet sein, um Effizienz sicherzustellen, aber auch Innovationen zu fördern? Und schließlich: Wie kann durch die Architektur und das Gebäude ein Raum geschaffen werden für Arbeit, die sinnhaft ist und Stolz macht?

Um diese Fragen zu beantworten, nutzen wir sechs Prinzipien und Denkweisen.

Effizienzfaktoren

Zielpunkt: Effizienz.

Das Ziel eines Unternehmens ist es, seine Leistungen effizient zu erbringen und am Markt damit Geld zu verdienen. Für die Leistungserbringung nutzen Produktionsunternehmen ihre Fabriken. Und dies wird in dem Wirtschaftssystem, das wir kennen, auch so bleiben.

Eine Fabrik wiederum ist ein sozio-technisches System, also ein Gebilde, in dem Menschen (mit Meinungen und Gefühlen) mit Maschinen (also unbelebten Dingen ohne Emotionen) interagieren. Dadurch entsteht ein Spannungsfeld:

Wir sind es als deutsche Ingenieure gewohnt, technische Lösungen zu optimieren. Auf Basis von Regeln und Algorithmen kann eine eindeutige, technisch beste Lösung gefunden werden. Dies mag kompliziert und mit Aufwand verbunden sein, doch es gibt eine beste Lösung.

Problematisch wird es in dem Moment, wo das soziale System der Fabrik von dieser Lösung betroffen ist. Denn hier gibt es keine eindeutig beste Lösung – es sind ja Menschen mit ihren individuellen Meinungen, Situationen und Bedürfnissen involviert. So wird es dann komplex, weil sich Meinungen widersprechen können, weil Kompromisse gefunden werden müssen oder weil Konflikte gar nicht auflösbar sind.

Daher müssen beide Welten versöhnt werden. Die reine Nutzung einer technisch besten Lösung wird nicht dazu führen, dass das Unternehmen langfristig Erfolg am Markt hat. Um ein Beispiel zu geben: Natürlich können wir den Herstellungsprozess eines Produktes soweit es technisch geht optimieren – ob das Produkt als solches aber eine Zukunft am Markt hat, wird dabei nicht hinterfragt. Dafür brauchen wir das soziale System der Fabrik, das sich selbst hinterfragt und damit einen Mehrwert schafft: Innovationsfähigkeit von Abläufen, Erneuerung des Produktes oder die Verbesserung des Systems als solchem sind Beispiele für die Leistungskraft des sozialen Systems.

Allzu oft „vergessen“ wir in der Produktion das soziale System – dadurch entsteht eine Schieflage. Das Prinzip der New Production zielt darauf ab, beide Welten gleichberechtigt zu gestalten – und nicht eine Denkdisziplin auszublenden. Dafür müssen Führung, Organisation und Prozessabläufe nach den folgenden Prinzipien neu gestaltet werden:

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