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Charakterstudie für Fabriken.

Was das Raumschiff Enterprise mit Ihrer Fabrik zu tun hat.

Lesezeit: ca. 4 Minuten

Jeder von Ihnen kennt doch so einen Typen, der Ihnen irgendwie komisch vorkommt. Vielleicht macht diese Person Sachen, die Sie nie machen würden, interessiert sich für Dinge, die Sie langweilen oder hört Musik, die Sie unausstehlich finden. Woher das kommt? Von der Persönlichkeit dieser Person. „Der Herrgott hat einen großen Tiergarten“, pflegte meine Großmutter bisweilen augenzwinkernd zu sagen. Was sie meinte: Jeder Mensch ist individuell und lebt nach seinem (oder ihrem) Geschmack und Stil die individuelle Persönlichkeit aus. Und das ist auch gut so, selbst wenn es den Anderen zuweilen komisch erscheint.

Spannend ist aus einer Business-Brille, dass dies einen großen Einfluss auf die professionellen Umstände besitzt. Schließlich liegt in der Persönlichkeit bspw. begründet, welchen Beruf eine Person wählt, ob wirtschaftlicher Erfolg wichtig ist, ob jemand karriere- und erfolgsorientiert ist oder andere Prioritäten setzt.

Vier Felder zeigen uns den echten Charaktertyp.

So weit, so gut. Jetzt den Bogen zu einer Produktion zu schlagen, ist zugegebenermaßen schwierig. Doch ich habe in über einem Jahrzehnt Produktionsberatung schon so viele Unternehmen und „Fabrik-Typen“ gesehen, dass mir auch hier immer wieder Merkmale auffallen, die quasi eine Persönlichkeit zeigen: Die wesentlichen Eigenschaften einer Fabrik in einer Charakterstudie knackig zusammengefasst. Und dieser spezielle Typus ist aus meiner Sicht auch hier entscheidend für den Erfolg. Mehr noch: Ich gehe so weit zu sagen, dass jede Fabrik in ihrem Lebenszyklus verschiedene Typen annehmen kann und dadurch der Erfolg aktiv beeinflusst werden kann.

Um diesen Gedanken klarzumachen, nutze ich eine Matrix. Auf der einen Achse werden die „gelebten Werte“ der Fabrik zusammengefasst: Finden Sie hier ein traditionell-patriarchisches Gefühl vor, wo oben der Chef entscheidet und unten der Angestellte ausführt? Oder spüren Sie eine innovativ-kooperative Struktur, wo Mitarbeiter dezentral in Entscheidungen einbezogen und der Chef sich als Zahnrad im Gesamtgefüge versteht? In der Abbildung finden Sie noch einige weitere Attribute, die zu der Situation vor Ort passen könnten.

Auf der anderen Achse trage ich die Effizienz, die Gesamtwirtschaftlichkeit, das monetäre Ergebnis oder einfach Euro-Zeichen ab. Wird dort Geld verdient oder eher nicht? Sind die Kostenstrukturen in Ordnung? Auch hier sind in der Abbildung noch einige weitere Attribute abgezeichnet, die die Situation beschreiben können.

Und so ergibt sich ein Feld von vier Fabriktypen, die ich nun vorstellen will.

Fabriktypen

Der Katamaran.

Die Fabrik, die ich als „Katamaran“ charakterisieren möchte, steht für Schnelligkeit, Wendigkeit und große Anpassungsfähigkeit. Werte wie eine hohe Innovationsorientierung, Geschwindigkeit in Prozessen, Agilität, Dezentralisierung, Resilienz, Skalierbarkeit und Flexibilität prägen das Bild. Dies zeigt ein hohes Maß an „New Production-Spirit“.

Gleichwohl werden hier noch keine atemberaubenden Ergebnisse erzielt. Zwar ist die Kostenstruktur wegen eines hohen Maßes an Digitalisierung in Ordnung, die Margen der Produkte entsprechend hoch. Dennoch ist die Marktdurchdringung noch nicht ausgeprägt, die Produkte stehen am Anfang ihres Lebenszyklus. Gedanklich kommt Ihnen sicher das Bild eines Start-ups in den Sinn – keine schlechte Beschreibung für diesen Typen.

Das Raumschiff.

Das Raumschiff ist kein eigentliches Schiff, denn es schwimmt nicht im Wasser, sondern fliegt durch den Raum. Und das zeigt die wesentlichen Stärken auf: Agilität in Höchstgeschwindigkeit, die Fähigkeit, Prozesse in „Warp-Geschwindigkeit“ umzustellen, Innovation am laufenden Band. Daneben zufriedene, motivierte Mitarbeiter.

Gleichzeitig – und das ist das besonders beeindruckende – stehen hohe Margen und eine sehr intakte Kostenstruktur auf der Habenseite, die die Effizienz zu Höchstmaßen treibt. „Alles schön!“, wenn man so will.

Die Titanic.

Kennen Sie nicht auch diese Firmen, denen es einfach gut geht? Das Produkt, das produziert wird, ist am Markt gut platziert, die Effizienz in der Fabrik stimmt im Allgemeinen auch, ab und zu kommt auch ein neues Produkt auf den Markt. Die Mitarbeiter sind einigermaßen zufrieden. Alles gut. Eigentlich.

Denn eine gewisse Trägheit hat sich eingeschlichen, Prozesse werden nicht mehr systematisch hinterfragt – genau so wenig wie die eigene Stellung im Wettbewerb. Strukturelle Umstellung in der Produktion sind gefühlt nicht angezeigt, denn das Geld kommt ja.

All das erinnert an die Titanic. Sie war zu ihrer Zeit das schönste und modernste Schiff auf den Meeren. Bis sie unterging.

Der Tanker.

Der Tanker lebt leicht verstaubt anmutende Werte. Beharrlichkeit und Langsamkeit prägen das Tagesgeschäft, Agilität ist ein Fremdwort. Die Geschwindigkeit in Produktion und Verwaltung ist gering, denn man ruht sich auf alten Erfolgen aus. Daneben erkennt man eine leichte Hochnäsigkeit: Uns kann keiner was, denn unser Name gehört zu den Großen der Branche.

Gleichzeitig zeigen sich immer deutlicher die geringe Effizienz, bspw. durch schlechte Kostenstrukturen in der Fabrik. Die Margen sind gering, denn das Produktportfolio ist veraltet. Die Margen sinken weiter. Die Erlöse ebenfalls. Die besten Zeiten sind vorbei.

Auch die schönste Blume verliert irgendwann ihre Blüten.

Möglicherweise haben Sie, wenn Sie diese Charaktertypen lesen, direkt Bilder von Fabriken vor Augen. So ging es mir jedenfalls. Ich sehe auch, dass es eine Art „typische Entwicklung“ innerhalb dieser Fabriktypen gibt, die oft bestätigt werden kann: Vom Katamaran zum Raumschiff. Dann weiter zur Titanic. Gesunken ist dann ein Tanker – auf den Boden der Weltmeere der Produktion.

Die Kunst ist, diesen Kreis zu durchbrechen. Nur die besten schaffen es, sich aus dem Raumschiff nicht zur Titanic zu entwickeln, sondern zurück zum Katamaran, der immer wieder einer positiven Zukunft entgegensieht. Und so auf Dauer den Tanker zu vermeiden.

Zum Abschluss einige Fragen an Sie: Welchen Charaktertyp sehen Sie in Ihrer Fabrik? Mit welchen Strategien schaffen Sie es, nicht zum Tanker zu werden? Wissen Sie, wie Ihr nächster Katamaran aussieht? Was müssen Sie tun, um das Raumschiff zu entfesseln? Und nicht zuletzt: Was bedeutet das konkret für Ihre Projekte in der Produktion?

Viele Fragen. Wir helfen Ihnen, eine Antwort zu finden.

Über den Autor:

Dr. Tobias Heinen, promovierter Ingenieur und Lehrbeauftragter der Leibniz Universität Hannover, ist geschäftsführender Gesellschafter der GREAN GmbH. Sein Ziel ist es, die Effizienz von Produktionsunternehmen spürbar zu steigern. Dafür plant und optimiert er mit seinem Team Prozesse und Abläufe genau da, wo das Herz der Unternehmen schlägt: In der Produktion. Er unterrichtet an mehreren Universitäten in den Bereichen Prozessoptimierung, Fabrikplanung und Nachhaltigkeit und ist als Redner auf vielen Kongressen, Veranstaltungen und Unternehmensforen gefragt.

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