Zielkreuz der Produktionslogistik

Welches ist Ihr wichtigstes Ziel – und wie erreichen Sie es?

Lesedauer: 3 min.

Generisch und übergeordnet ist es eigentlich ganz einfach: Die Produktionslogistik verfolgt als primäres Ziel, die Produktion an den Marktbedürfnissen und den übergeordneten Zielen des Unternehmens auszurichten. Etwas konkreter ist es die Aufgabe, die Versorgung (und Entsorgung) der Produktionsprozesse mit den benötigten Produktionsfaktoren (Personal, Aufträge, Material, Informationen) zu gewährleisten.

„Das richtige Material, in der richtigen Menge, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort“

– wenn das nur so einfach wäre. Im Täglichen agieren Unternehmen und ihre Entscheider in Produktion und Lager aber ständig in Zielkonflikten, denn es existiert ein Zusammenhang zwischen den produktionslogistischen Zielen.

Ziele in der Produktion

Grundsätzlich existieren Ziele für die logistische Leistung eines Unternehmens – dies sind die Durchlaufzeit sowie die Termintreue zum Markt hin. Daneben gibt es kostenbezogene Ziele in der Produktion, nämlich eine hohe Auslastung sowie geringe Bestände. Aber: Alles zeitgleich können Sie nicht erreichen, Sie müssen sich positionieren. Dieser Konflikt wird im folgenden Zielkreuz der Produktionslogistik verdeutlicht:

In der Produktion wird die konfliktäre Ausrichtung der produktionslogistischen Ziele „kurze Durchlaufzeiten“ und „geringe Terminabweichung“ (Logistische Leistungsfähigkeit) auf der einen und „niedrige Bestände“ und „hohe Auslastung“ (Logistikkostenziele) auf der anderen Seite seit Jahrzehnten als das „Dilemma der Ablaufplanung“ bezeichnet. So erfordert bspw. eine hohe Auslastung der Maschinen (wir nennen diese teilweise auch „Arbeitssysteme“) hohe Auftrags- und Materialbestände in Form von WIP, da diese Materialflussabrisse in der Produktion verhindern. Hohe Bestände führen jedoch zu langen Durchlaufzeiten, so dass das Ziel einer hohen Auslastung bei gleichzeitig niedrigen Durchlaufzeiten nicht erreicht werden kann.

Ziele in der Produktion

Aus einem Lager soll mit hoher Verlässlichkeit („hoher Servicegrad“) und ohne zeitlichen Verzug der interne oder externe Kunde beliefert werden. Im Konflikt dazu stehen die Ziele „niedrige Lagerbestände“ und „niedrige Lagerkosten“ in der Bewirtschaftung des Lagers. Und wer kennt es nicht: allzu oft ist das Lager voll, aber nicht das Richtige da.

Die Herausforderungen sind also alles andere als neu und unbekannt, trotzdem werden die Zusammenhänge und Zielkonflikte gerne ignoriert und es wird „von oben“ eine Optimierung in allen Zieldimensionen erwartet.

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Es gibt kein allgemeingültiges Optimum

Aber: Die aufgezeigten Spannungsfelder in Produktion- und Lagerlogistik verhindern ein gleichzeitiges Optimum aller Zielgrößen. Man muss sich entscheiden – alles auf einmal geht nicht! Es bedarf einer so genannten „Logistischen Positionierung“ – in der Produktion insbesondere an Engpasskapazitäten, die die Leistung des „Gesamtsystems“ bestimmen und die tatsächliche Leistung, die Bestände und die Durchlaufzeiten bestimmen. Und im Lager sind abgestimmte Los- und Sicherheitsbestände auszulegen, die einen angemessenen Kompromiss zwischen Leistungsfähigkeit und Bestand darstellen.

Sich über die Zielkonflikte und die Notwendigkeit bewusster Positionierungen im Klaren zu sein, erleichtert bereits oft die Situation, hilft Ihnen bei internen Diskussionen (bspw. bei wechselnden, widersprüchlichen Zielvorgaben) und kann Ihnen so einen Vorsprung verschaffen.

Strategie und Positionierung können Sie lernen – an der Supermarktkasse

Manchmal helfen Beispiele, Modelle und Bilder aus dem Alltag, um Zusammenhänge aus dem Produktionsalltag anschaulich zu machen:

Jedes Mal, wenn ich beim Einkaufen in einer längeren Warteschlange an der Kasse stehe, bin ich gespannt auf die Reaktion und die Strategie des Supermarktes. Die Warteschlange an Kunden mit Einkaufswagen und -körben lässt sich eins zu eins vergleichen mit den wartenden Aufträgen vor einer Anlage in der der Produktion (bspw. einem Bearbeitungszentrum). Der Bestand an Aufträgen sichert die Auslastung der Kapazität in der Produktion und im Supermarkt die Auslastung der Mitarbeiterin / des Mitarbeiters an der Kasse. Eine längere Warteschlange ist also durchaus wirtschaftlich, jedoch zu Lasten der Kundenzufriedenheit, denn die Durchlauf- bzw. Wartezeit steigt – gefühlt ins Unermessliche. Und Murphy’s Law kommt noch hinzu: „Die andere Kasse ist immer die schnellere.“

Was passiert nun? Ein Supermarkt, dessen Strategie es ist, die Kundenzufriedenheit in den Mittelpunkt zu stellen und sich über eine Leistungsführerschaft auszuzeichnen, öffnet schnell und flexibel (mit etwas mehr Personaleinsatz) eine weitere Kasse. Mein Supermarkt vor Ort zeichnet sich genau dadurch aus. Den niedrigsten Preis bei jedem Artikel werde ich hier aber sicher nicht finden. Der Discounter glänzt eher mit niedrigen Preisen, die nur mit dünner Personaldecke realisierbar sind. Ein wenig mehr Warten muss der Kunde dafür in Kauf nehmen.

Unsere Empfehlung für diese konfliktären Situationen? Legen Sie Ihre Strategie fest: Wofür wollen Sie stehen? Leistungsführer oder Kostenführer? Welches Ziel steht (durchaus differenziert für Produktionsbereiche und Artikelgruppen) im Vordergrund? Nur, wenn dies benannt ist, können Sie sich bewusst positionieren und die anderen Zielgrößen einstellen und akzeptieren.

Viel Erfolg beim Positionieren und Entlarven der „Alles-Forderer“!

Über den Autor: Dr. Tim Busse begeistert sich seit mehr als 15 Jahren für die Optimierung komplexer Produktionsprozesse. Nach seinem Studium des Maschinenbaus promovierte er am renommierten Institut für Fabrikanlagen und Logistik im Bereich der Prozessoptimierung. Er befasst sich mit den Gesetzmäßigkeiten in der Produktion und gibt sein Wissen und seine umfangreiche Erfahrung in vielen Speaches, Vorlesungen und Vorträgen weiter.

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