Fabriken gestalten in Zeiten von Corona.

Gedanken eines Fabrik- und Prozessplaners in Zeiten der Krise.

Wir sind keine Experten für Pandemien. Aber für Fabriken.

Dies ist ein Experiment. Das ist neu für uns. Allerdings finden wir, dass das gut passt in diesen Zeiten. Denn wir lernen gerade von Tag zu Tag, dass alles neu ist. Der Grund: Corona.

Ein Virus, das um die Welt geht. Und viele Menschen und ihre Gesundheit gefährdet. Das ist schlimm. Und macht uns traurig. Trotzdem wollen wir diesen Aspekt hier nicht weiter vertiefen, denn mit der Bekämpfung des Virus selbst kennen wir uns nicht aus.

Wir haben uns die Frage gestellt, welchen Beitrag wir leisten können, um die Krise zu bewältigen. Wir sind Fabrikplaner. Jeden Tag optimieren wir im Auftrag unserer Kunden Produktionen in ganz Deutschland und der Welt. Damit kennen wir uns aus. 

Und so ist das Experiment geboren: Wir haben uns gefragt, wie eine Fabrik heute gestaltet sein muss, damit sie  – trotz Corona – so effizient wie möglich betrieben werden kann. Der wirtschaftliche Schaden ist bereits jetzt immens – wir wollen helfen, dass er nicht noch größer wird.

Und dazu möchten wir Sie bitten, uns Ihre Ideen zu geben. Klar, wir haben hier erst einmal vorgelegt. Aber wir wünschen uns, dass Sie Ihre Ideen an uns senden, damit wir gemeinsam eine ganze Fülle von Maßnahmen finden und umsetzen können.

Damit zu der großen gesundheitlichen Krise nicht noch eine viel größere ökonomische Krise dazu kommt.

In welchen Dimensionen wir Fabriken gestalten.

Die erste Frage, die wir uns gestellt haben, ist, an welchen Stellhebeln Sie jetzt ansetzen können, wenn Sie Ihre Fabrik gestalten und auf die aktuelle Situation einstellen wollen. Natürlich gibt es dort etliche Möglichkeiten, daher bieten wir Ihnen folgende Systematisierung an:

  • Technik: Hierunter verstehen wir alle Betriebs-, Lager- und Logistikmittel, die Sie im Einsatz haben (etwa Maschinen, Regale, Stapler, etc.). Natürlich gibt es in dieser Kategorie auch die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) der Fabrik zu bedenken – es geht um die gesamte technische Einrichtung der Produktion. 
  • Organisation: Hierunter verstehen wir die Art, wie Sie den Aufbau Ihrer Produktion strukturiert haben. Beispiele sind: Wer ist wofür zuständig? Wie sind hierarchische Strukturen und Zugehörigkeiten festgelegt? Wie ist die Produktion aufgebaut? Wie ist der Informationsfluss in der Produktion?
  • Raum: Hierunter verstehen wir alle gebäudebezogenen Themen Ihrer Produktion, also die Halle, in der Sie produzieren oder lagern sowie die Verwaltung.
  • Logistik: Hierunter verstehen wir alle Abläufe in der Produktion selbst – etwa die Art der Materialversorgung. Allerdings haben wir immer wieder festgestellt, dass auch die Einbettung Ihrer Produktion in das Netz Ihrer Lieferanten und Kunden (also Ihre Supply-Chain) wichtig ist und daher hier betrachtet werden muss.
  • Verhalten / Mitarbeiter: Schließlich – und das wird in diesen Tagen deutlich – sind es die Mitarbeiter, die das Unternehmen tragen. Deren Verhalten kann maßgeblich bestimmen, wie gut Sie durch die Krise kommen. Daher schlagen wir hier diese als weitere Betrachtungsfeld vor.

Kennen Sie weitere Gestaltungsfelder? Her damit!

Welche grundlegenden Strategien es gibt.

Im nächsten Schritt haben wir überlegt, wie man nun diese Gestaltungsfelder organisieren oder verändern kann, um auf die Krise zu reagieren. Ist es also bspw. jetzt sinnvoller, eine andere Organisation der Logistik zu wählen oder an das Mitarbeiterverhalten zu appellieren?

Weil wir diese Frage nicht einfach zu beantworten fanden, haben wir nach Leitprinzipien gesucht, die eine Orientierung geben. Und wir haben sie gefunden, bspw. bei der Weltgesundheitsorganisation (alle Links unten).

Diese sind (diese Liste wird mit Ihren Vorschlägen ständig erweitert):

  • Die Kraft der Entfernung – Social Distancing
  • In Watte packen – Vulnerabilitäten schützen
  • Nicht über die Stränge schlagen – Bullwhip-Effekt beherrschen
  • Den Härtefall proben – Absonderung
  • Sprechen Sie – es wirkt.
  • Resilienz aufbauen – Schocks aushalten

Bitte senden Sie uns weitere Prinzipien, wenn Sie diese kennen.

Die Kraft der Entfernung – Social Distancing

Social Distancing ist inzwischen fast Umgangssprache geworden, obwohl vor drei Wochen noch niemand das Wort kannte. Gemeint ist, Abstand zu wahren, um keine Infektionen zu übertragen. Wie kann dies nun konkret in einer Produktion aussehen? Ein paar Ideen dazu.

Organisation:

  • Falls Sie derzeit nicht voll ausgelastet sind: Kernmannschaft halbieren, in zwei getrennten Schichten laufen lassen. So können Sie auch mögliche Infektionsfälle klar trennen und bleiben arbeitsfähig.
  • (Nicht unmittelbar notwendigen Besuchen von) Externen den Zugang versperren
  • Bereiche getrennt voneinander fahren (bspw. Montag Bereich A, Dienstag Bereich B)
  • Verkürzung von Schichten, so dass Vorgängerschicht 15min eher stoppt und Nachfolgeschicht 15min später beginnt. So können sich Mitarbeiter nicht begegnen.

Raum:

  • weitgehende räumliche Trennung von Mitarbeitern, bspw. durch getrennte Pausenbereiche

Logistik:

  • Trennung von Produktion und Logistik, so dass Mitarbeitern ihr Material ohne Kontakt bereitgestellt wird.

Mitarbeiter:

  • Getrennte Pausenbereiche
  • kein Handshake mehr
  • persönliche Hygiene beachten

In Watte packen – Vulnerabilitäten schützen

Vulnerabilitäten zu schützen meint im Gesundheitswesen, dass diejenigen, die besonders schutzbedürftig sind, weil sie bspw. vorerkrankt oder alt sind, besonders stark „in Watte gepackt“ werden. Sie sollten sich schützen, indem sie sich stark von der Umwelt abgrenzen. Was können wir aus diesem Prinzipt für die Fabrik übernehmen?

Technik:

  • Eine Rückmeldung aus den sozialen Medien war, dass RLT-Anlagen in diesen Zeiten mit geringem oder gar keinem Umluftanteil gefahren werden sollten. Auf diese Weise kann die Infektion, die ja über Tröpfchen verbreitet wird, nicht „in der Luft gewirbelt“ werden. Daher: Zuluftanteil erhöhen!
  • Spannende Ideen zur Gestaltung sauberer und getrennter Produktionsbereiche – so die Rückmeldung auf XING – gibt es auch im Bereich der Medizintechnik. Schlagwort ist hier die Auslegung von Fabriken nach GMP.

Logistik:

  • Besonders wichtige Produkte schützen. Dies können Produkte für besonders wichtige Kunden sein oder Produkte mit besonders hoher Marge. Es ist wichtiger, dass diese produziert werden als Produkte, die eher sporadisch mit geringen Margen am Markt platziert werden.
  • Und sicherlich lassen Sie in diesem Kontext Ihre größten Kunden oder künftigen Potenzialkunden weniger gern warten als Einzelkunden mit geringem Volumen. Uns ist klar, diese Entscheidungen sind schwierig – aber teilw. notwendig und daher sinnvoll.

Verhalten:

  • falls möglich: Personen, die zur Risikogruppe gehören (älter als 55 Jahre, mit Vorerkrankung) nicht mehr einplanen oder ins Homeoffice verlegen.
  • Persönliche Schutzausrüstung wie ein Mund-Nase-Schutz führen dazu, dass sich Mitarbeiter gegenseitig schützen und eine mögliche Infektion nicht weiter in der Fabrik verteilen.

Nicht über die Stränge schlagen – Bullwhip-Effekt beherrschen

Der Bullwhip-Effekt ist so etwas wie der Klassiker in der Krise. Und vielleicht haben Sie es selbst beim Toilettenpapier in diesen Tagen erlebt: Wenn wir Sorge haben, dass wir in Zukunft nichts mehr bekommen, kaufen wir jetzt doppelt oder dreifach so viel. Das führt zu Lieferengpässen. Was bedeutet das für Ihre Produktion?

Logistik:

  • In Krisenzeiten neigen wir dazu, zu viel nachzufragen – aus purer Angst, bald nichts mehr zu bekommen. Dem können Sie zuvor kommen: Richten Sie sich selbst darauf ein, dass Ihre Kunden höhere Bestellungen aufgeben werden, bevor der „Lockdown“ droht.
  • Im Umkehrschluss müssen Sie selbst versuchen, für relevante Roh-, oder Halbfertigteilwaren sinnvolle Bestände aufzubauen, um produktionsfähig zu bleiben. Hier kommt das Problem: Wenn Sie jetzt selbst vielfache Mengen bestellen, schlägt Bullwhip unermüdlich zu. Besser ist es, über alle Elemente der Lieferkette offen zu kommunizieren – dann können alle besser planen.
  • Eine mögliche Auswirkung von Corona kann auch sein, dass Auslandswerke bspw. in China, Italien oder England nicht mehr oder absehbar nicht mehr produzieren können. Denken Sie jetzt schon vor, wie Sie ggf. Teile der Wertschöpfung verlagern können.
  • Falls das nicht geht: Können Sie für strategische Produkte jetzt vorproduzieren, um lieferfähig zu bleiben?

Den Härtefall proben – Absonderung

Absonderung ist wohl das härteste Mittel – wir erleben es gerade allesamt live. Wir igeln uns zuhause ein, damit keine Infektion geschieht. Was kann das im übertragenen Sinne für Ihre Produktion bedeuten?

Technik:

  • Wieso sprechen wir eigentlich immer nur von Homeoffice? Lassen Sie bitte einmal folgenden Gedanken zu (auch wenn er Ihnen auf den ersten Blick ggf. abstrus vorkommt): Wäre es möglich, Teile der Wertschöpfung von zuhause aus zu erledigen? Wären ggf. kleinere Montagearbeiten an wichtigen Produkten machbar? Oder die Verpackung? Dann tun’s Sie es. Ungewöhnliche Zeiten erfordern neue Lösungen.

Logistik:

  • Strategisch neue Supplier sourcen, die nicht zwingend aus China oder anderen Kontinenten kommen. Dadurch wird man ein Stück weit immun ggü. Turbulenzen am anderen Ende der Welt. Das Stichwort für die Supply Chain lautet in diesen Tagen: „Glokalisierung“.

Organisation:

  • Trennen Sie Arbeitsabläufe komplett voneinander. So ist es bspw. denkbar, dass es keine direkten Dokumentenweitergaben zwischen Abteilungen oder Personen mehr gibt, sondern alles über Fächer „indirekt“ weitergegeben wird.

Resilienz aufbauen – Schocks aushalten

Resilienz. Noch so ein Modewort in diesen Zeiten. Aber geben wir ihm eine Chance – schlägt man bei Wikipedia nach, was gemeint ist, steht dort: „Die Fähigkeit, externe Störungen zu verkraften“ oder „die Fähigkeit eines Unternehmens, auch in einem komplexen und dynamischen Umfeld den Wandel vorauszusehen, zu überleben und zu wachsen.“

Damit passt es sehr gut in diese Diskussion. Folgende Punkte haben wir dazu gefunden:

Logistik:

  • Renaissance der Bestände: Galten diese inzwischen als „out-dated“ und störend, zeigt sich jetzt, dass gut eingestellte Bestände relevanter Produkte das Überleben Ihrer Produktion sichern können.
  • Glokalisierung: Überwinden Sie die Abhängigkeit von einzelnen Ländern oder einzelnen Lieferanten. Können Sie Wertschöpfung oder Lieferanten wieder in das enge lokale Umfeld holen?

Organisation:

  • Enge Kommunikation und völlige Transparenz in Ihrer Supply Chain. Sagen Sie Ihren Lieferanten klar, was Sie benötigen – übertreiben Sie nicht, untertreiben Sie aber auch nicht. Bauen Sie enge Verbindungen zu Key-Lieferanten auf.

Verhalten:

  • Offene, transparente und auch ein Stück weit schonungslose Kommunikation mit dem Ziel, wirklich darzustellen, was los ist in Ihrem Unternehmen.
  • Verantwortung dezentralisieren und bewusst Mitarbeiter in Entscheidungen, die ihren eigenen Arbeitsbereich betreffen, einbeziehen. 

 

Sprechen Sie. Es wirkt.

Das Wichtigste am Schluss: Alle, mit denen wir gesprochen haben, waren sich am Ende einig. Es sind und bleiben die Mitarbeiter, die mit ihrem Engagement die Fabrik tragen. Und um den Draht nicht zu verlieren und um klar zu machen, warum Sie nun genau die Maßnahmen ergreifen, die Sie ergreifen: Sprechen Sie mit ihnen. Möglichst oft. Möglichst transparent. Und erklären Sie, warum Sie welche Maßnahme umsetzen. Und fragen Sie nach, welche Ideen Ihre Mitarbeiter noch haben.

Das überzeugt. Und führt dazu, dass am Ende die Mitarbeiter wirklich ihr Verhalten ändern. Reden Sie! Es wirkt.

Zum guten Schluss.

Noch einmal: Das ist ein Experiment. Wir behaupten nicht, dass die Liste vollständig ist. Wir behaupten nicht, dass sie der Weisheit letzter Schluss ist. Wir wollen lediglich Ideen mit Ihnen ableiten, damit Ihre Produktion aufrecht erhalten bleibt.

Und dazu wünschen wir uns Ihre Ideen: Bitte geben Sie uns weiter, was Sie getan haben. Neue Ideen herzlich willkommen! Wir werden diese hier permanent einpflegen. In diesem Sinne: Kommen Sie regelmäßig zurück, beim nächsten Mal stehen hier schon mehr Ideen. Und: Bleiben Sie gesund!

Literatur

Die Volkswagen AG hat eine Liste mit knapp 100 Maßnahmen veröffentlicht, die Supplier nutzen können für einen kontrollierten Wiederanlauf: https://www.volkswagen-newsroom.com/de/pressemitteilungen/volkswagen-unterstuetzt-seine-40000-lieferanten-mit-anleitung-fuer-schutzmassnahmen-in-der-produktion-5979

Arbeitsschutzstandards in Zeiten des Coronavirus vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Schwerpunkte/sars-cov-2-arbeitsschutzstandard.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Grundlegende Strategien, wie Sie eine Epidemie durchstehen können, finden Sie beim Robert-Koch-Institut: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/12_20.pdf?__blob=publicationFile, bspw. Seite 4.

Strategien für Ihren Arbeitsplatz während einer Pandemie stellt die WHO zusammen, https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/getting-workplace-ready-for-covid-19.pdf?sfvrsn=359a81e7_6

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